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Technik

Reinstes Silizium der Welt erzeugt

Isotopenbereinigtes Silizium-28 ebnet Weg zu leistungsstarken Silizium-Quantencomputern

Siliziumchip
Für Silizium-Quantencomputer benötigt man möglichst reines Silizium-28 ohne Beimischung schwererer Isotope. Eine Methode für diese Bereinigung haben Physiker jetzt entwickelt. © PhonlamaiPhoto/ iStock

Weltrekord: Physiker haben das reinste Silizium der Welt erzeugt und damit eine entscheidende Hürde auf dem Weg zu Silizium-Quantencomputern genommen. Denn für stabile Quantenbits darf dieses Halbleitermaterial möglichst nur aus dem Isotop Silizium-28 bestehen. Dem Team gelang es nun erstmals, den Anteil der beiden schwereren Silizium-Isotope 29 und 30 auf unter 0,0002 Prozent zu senken. Damit werden Silizium-Quantencomputer auch in größerem Maßstab möglich.

Der Halbleiter Silizium bildet die Basis für nahezu alle Computertechnik und Elektronik – auch die industrielle Chipfertigung ist auf dieses Material eingestellt. Umso praktischer wäre es, wenn auch künftige Quantencomputer auf Siliziumbasis funktionieren würden. Als Recheneinheiten – Qubits – dienen dabei Fremdatome wie Phosphor oder Fehlstellen im Kristallgitter des Halbleiters. 2022 gelang es Wissenschaftlern tatsächlich erstmals, siliziumbasierte Quantenschaltkreise mit mindestens 99 Prozent Zuverlässigkeit zu konstruieren – ein wichtiger Schritt.

Silizium-Einkristall
Silizium-Einkristall, wie er als Rohling für Mikrochips verwendet wird. © Name /CC-by-sa 3.0

Schwerere Silizium-Isotope als Störfaktoren

Doch um Silizium-Quantencomputer konkurrenzfähig und skalierbar zu machen, ist ein weiterer Schritt nötig: Das Silizium muss bereinigt werden. „Das Problem ist, dass natürlich vorkommendes Silizium zwar vorwiegend aus dem erwünschten Isotop Silizium-28 besteht, aber auch aus gut 4,5 Prozent Silizium-29“, erklärt Seniorautor David Jamieson von der University of Melbourne. Weitere drei Prozent entfallen auf das noch schwerere Silizium-30.

Die zusätzlichen Neutronen im Atomkern dieser schwereren Silizium-Isotope wirken wie kleine Störmagnete, die die für das Quantenrechnen wichtige Spin-Ausrichtung der Qubits stören. In der Folge geht die Quanten-Kohärenz verloren und es kommt zu Rechenfehlern. Um stabile Silizium-Qubits zu erzeugen, müssen diese Stör-Isotope daher entfernt werden. Erst dann werde auch eine Skalierung von Silizium-Quantencomputern auf mehr als ein Handvoll Qubits möglich, erklären die Physiker.

Isotopen-Bereinigung mit Atomstrahl

Diese Isotopen-Bereinigung ist Jamieson, Erstautor Ravi Acharya von der University of Melbourne und ihrem Team nun gelungen. Dafür nutzten sie eine abgewandelte Form der Ionenimplantation, eine Technik, mit der die Halbleiterchips in den Chipfabriken bisher dotiert werden – man bringt damit gezielt Fremdatome in das Transistor-Material.

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Die Physiker setzten für ihren Ansatz auf die gleiche Technik, beschossen die Siliziumchips aber statt mit Fremdatomen mit einem fokussierten Strahl beschleunigter Silizium-28-Atome. Durch diesen Beschuss ersetzte dieses erwünschte Silizium-Isotop nach und nach fast alle schwereren Isotope im Halbleiterchip. Dadurch verringerte sich beispielsweise der Anteil des Silizium-29 von mehr als 4,5 Prozent auf nur noch zwei parts per million (ppm) – 0,0002 Prozent.

Rohstoff für leistungsstarke Silizium-Quantencomputer

„Damit haben wir es geschafft, das ‚Baumaterial‘ herzustellen, das wir für einen siliziumbasierten Quantenrechner benötigen“, sagt Co-Seniorautor Richard Curry von der University of Manchester. „Dies ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer Technologie, die enormes Potenzial für die Menschheit hat.“ Denn anders als bisherige Qubits auf Basis von Supraleiter-Quantenpunkten oder gefangenen Ionen bleiben Qubits in Silizium nicht nur wenige Millisekunden stabil, sondern bis zu 35 Sekunden.

„Jetzt, wo wir extrem reines Silizium-28 erzeugen können, möchten wir als nächsten Schritt demonstrieren, dass wir die Quantenkohärenz auch für viele Qubits gleichzeitig so lange aufrechterhalten können“, sagt Jamieson. „Wenn dies gelänge, könnte schon ein zuverlässiger Quantencomputer mit 30 Qubits die gängigen Supercomputer in einigen Aufgabenbereichen  überflügeln.“ (Communications Materials, 2024; doi: 10.1038/s43246-024-00498-0)

Quelle: University of Melbourne, University of Manchester

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